Wir müssen reden. Nach einer Prügelattacke auf fünf Frauen in Genf am 8. August hast du das Thema Gewalt gegen Frauen über Tage und Wochen thematisiert. Sprechen wolltest du darüber auch mit der Präsidentin der SP-Frauen Natascha Wey und der Nationalrätin Min Lin Marti. Die Ursachen hast du rasch erfasst, die Attacken kamen von Ausländern, Gewalt gegen Frauen ist ein Ausländerproblem. So wurde das Thema aufgezogen. Weil die beiden SP-Politikerinnen das Problem Gewalt gegen Frauen nicht ausschliessliche aus der Ecke der Ausländerthematik diskutieren wollten, lehnten sie ab. Sie wiesen in der Begründung zu Recht darauf hin, dass wir so nicht weiterkommen, das Problem vielschichtiger ist und es vielmehr um die Grundfrage geht, sind Frauen und Männer gleichberechtigt? Dein Chefredaktor hat in seinem Kommentar daraufhin der SP vorgeworfen, die Augen zu verschliessen, unehrlich, blind und stumm zu sein.

Lieber Blick, wir müssen reden. Gestern hat der Nationalrat eine Gewaltschutzvorlage beraten. Es ging darum Opfer von häuslicher Gewalt und Stalking (70% der Opfer sind weiblich, 95% der Täter sind männlich) besser zu schützen. Die Einführung von Fussfesseln, der einfachere Zugang für Opfer zum Gericht und eine Entlastung der Opfer, damit sie nicht unter Druck gesetzt werden können, die Klage zurückzuziehen, waren Hauptpunkte der Vorlage. Wir, die blinden und stummen SP-ParlamentarierInnen haben unseren Job gemacht, uns eingearbeitet, eingebracht und schlussendlich zusammen mit CVP, FDP, BDP, GLP und Grünen die Vorlage durchgebracht.

Lieber Blick, weisst du, was die SVP gemacht hat? Die SVP-Herren Amstutz, Aeschi, Hess, Tuena, Glarner und Rösti haben von der Justizministerin gefordert, dass sie das Problem Gewalt gegen Frauen als Ausländerproblem bezeichnet. Sie hat sich geweigert, auf dieses billige und unehrliche Spiel einzusteigen. Denn was heisst das im Umkehrschluss? Sind dann die 50% Straftaten im Bereich häuslicher Gewalt, die von Schweizern verübt werden, ok?

Weisst du was, lieber Blick? Die SVP hat am Schluss die Vorlage zum besseren Schutz von Gewaltopfern einstimmig abgelehnt! Denn Gewalt wollen sie nur bekämpfen, wenn sie unter dem Titel Ausländerproblem behandelt wird. Das ist verantwortungslos. Das ist nicht blind und stumm, sondern blind und dumm. Und noch dümmer ist, dass dir diese Gewaltschutzvorlage in der Print-Ausgabe keine Zeile wert war. Während die Blick-Online-LeserInnen sich das Video über das peinliche Schaulaufen der SVP-Männer anschauen können, werden sie nicht darüber informiert, dass die SVP die Gewaltschutzvorlage am Schluss abgelehnt hat.

 

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