Falsch, liebes SRF! Opfer haben eine Lobby

Bei Straftaten wird gerne viel über Täter und Strafmassnahmen gesprochen. Oft vergessen werden dabei die Interessen der Opfer. In einer sorgfältig produzierten SRF-Sendung zum Thema konnten die Zuschauerinnen und Zuschauer jüngst Einblick in die schwierigen Situationen der Opfer und ihren Angehörigen gewinnen. Dass die Opfer aber, wie in der Sendung behauptet, keine Lobby hätten, ist falsch.
In der Einstein-Sendung «Recht heisst nicht Gerechtigkeit: Das lange Leiden der Opfer» (11. April 2019) wurden auch konkrete und wirksame Massnahmen vorgestellt, welche helfen würden, die Opfer zu stärken. Dafür ist Einstein und ihren Macherinnen und Macher zu gratulieren. Doch zwischendurch war es mit der Sorgfalt leider vorbei. Aussagen, wie die Opfer hätten keine Lobby oder die Politik interessiere sich nicht für die Opfer, wurden undifferenziert und – wider besseres Wissen – schlicht falsch in den Raum gestellt. Die Politik gibt es nicht als Ganzes. Und natürlich gibt es eine politische Lobby für die Opfer. Und diese hat viel erreicht.
Dank nicht zuletzt vielen Akteurinnen und Akteuren der SP wurden etliche Frauenhäuser in der ganzen Schweiz auf- und ausgebaut, Opferhilfestellen gegründet, das nationale Opferhilfegesetz erfolgreich angestossen sowie die Gewaltschutzvorlage verabschiedet. Dies in einem schwierigen politischen Umfeld. Die Mehrheiten fehlen oft, wenn es um die Interessen der Opfer geht. Viel lieber wird über die Täter gesprochen, über Massnahmen, welche diese noch härter bestrafen. Doch damit ist vielen nicht geholfen, wie die Sendung eindrücklich gezeigt hat – die Opfer gehen häufig vergessen.
Auch heute bleibt die SP dran. Denn es gibt noch viel zu tun. In der Debatte um das neue Bundesgerichtsgesetz hat die SP erwirkt, dass Opfern der Gang ans Bundesgericht erleichtert wird. Die SP hat jüngst einen Vorstoss eingereicht, der höhere Genugtuung und Entschädigungen für Opfer von Gewalttaten fordert. In den Kantonen und auch national fordert die SP mehr Plätze in Frauenhäusern. Jüngster Erfolg ist der Beschluss der zuständigen Kommission, Stalking neu als Straftatbestand aufzunehmen.
Dass all diese Beispiele bei einem Wissenschaftsmagazin wie Einstein unerwähnt blieben, mag noch nachvollziehbar sein. Die Behauptung jedoch, die Opfer hätten keine Lobby, ist nicht nur falsch und journalistisch fahrlässig – sie ist ein Affront gegenüber jenen Menschen, die sich seit Jahrzehnten unermüdlich in einem schwierigen politischen Umfeld für die Opfer einsetzen. Es ist also falsch, liebes SRF, dass die Opfer keine Lobby haben. Aber es ist richtig, dass diese Lobby noch stärker werden muss.

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