Jugendschutz oder Werbefreiheit für Tabaklobby?

Jedes Jahr sterben in der Schweiz 9’500 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums. Jedes entstehen 4 Milliarden Franken an Gesundheitskosten und 4 Milliarden Franken an wirtschaftlichen Kosten in Folge des Tabakkonsums.

Die meisten aller Raucher*innen haben als Minderjährige angefangen. Mittlerweile ziehen 45% der 16-jährigen Jungs wöchentlich an einer E-Zigarette. E-Zigaretten sind längst nicht mehr nur hilfreiche Aus- und Umsteigerprodukte. Sind sind zum Einstiegsprodukt in die Nikotinabhängigkeit für Jugendliche avanciert, nicht zuletzt wegen dem stylishen, coolen Image, dass mit der Werbung gepflegt wird.

Die Schweiz ist nicht das einzige Land, welches mit den hohen Gesundheits- und Wirtschaftskosten des Tabakkonsums zu kämpfen hat, weshalb wir uns 2004 mit der Unterzeichnung des WHO-Übereinkommen zu einem international koordinierten Vorgehen bekannt haben. Das Abkommen beinhaltet zur weltweiten Bekämpfung von Krankheiten und Todesfällen im Zusammenhang mit dem Tabakkonsum u.a. ein umfassendes Verbot von Tabakwerbung und des Tabaksponsorings. Bis heute verfügt die Schweiz über keine gesetzliche Grundlage, um das Abkommen ratifizieren zu können.

Gleichzeitig kommen immer neue Raucherprodukte zum Erhitzen oder Verdampfen auf den Markt, die Regulierungsbedarf erfordern. Viele Kantone haben reagiert und Regelungen für diese Produkte eingeführt und weitgehende Werbeeinschränkungen beschlossen.

Die Tabakbranche ihrerseits bekämpft jegliche Werbeeinschränkungen und verweist auf den Ehrenkodex, den sich Swiss Cigarette mit der Schweizerischen Lauterkeitskommission vorgegeben hat. Der Ehrenkodex sieht vor, keine Werbung in Printmedien zu veröffentlichen, wenn mehr als 20% der Leserschaft aus Minderjährigen besteht und keine Werbung auf People-Seiten von Gratiszeitungen zu platzieren. Die Umsetzung dieses Ehrenkodex ist grandios gescheitert – täglich begegnen wir grossen Werbeinseraten bspw. auf der People-Seite von 20 Minuten. 35% aller Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren schauen sich diese Gratiszeitung an, mit Präferenz die People-Stories.

Diese Ausführungen sind wichtig, um zu verstehen, wie es zur «Volksinitiative Kinder ohne Tabak» gekommen ist. Diese Initiative wurde lanciert und eingereicht, weil das Parlament bis heute die Verantwortung für einen wirksamen Jugendschutz und Massnahmen gegen den schädlichen Tabakkonsum nicht wahrgenommen hat:

  • Nicht ratifiziertes WHO-Übereinkommen
  • Regulierungsbedarf neue Produkte und Werbeeinschränkungen
  • Gescheiterter Ehrenkodex
  • Jeden Tag Jugendliche, die angeregt von stylischer Werbung mit dem Rauchen beginnen

Die Volksinitiative ist eine Antwort auf all diese Probleme. Sie fordert schlicht und einfach: Ein Verbot von Tabakwerbung, Verkaufsförderung und Tabaksponsoring, welche Kinder und Jugendliche erreichen. Die Initiative wurde am 12. September 2019 eingereicht und wird von über 30 Organisationen wie der Krebsliga, Haus- und Kinderärzte Schweiz, Swiss Olympic, dem Dachverband Lehrer*innen Schweiz, sowie verschiedenen Jugendverbände getragen.

Diese Initiative wird nicht nur von vielen Organisationen breit getragen, sie geniesst auch viel Unterstützung in der Stimmbevölkerung. Bei jeder kantonalen Abstimmung haben sich Werbeeinschränkungen klar durchgesetzt und auch ein allgemeines Werbeverbot für Tabakprodukte würde gemäss regelmässigen Umfragen locker die Abstimmungshürde passieren.

Und zur Abstimmung gelangt die Initiative, wenn die notwendigen minimalen Einschränkungen für Werbung, Sponsoring und Promotion nicht in die aktuelle Beratung des Tabakproduktegesetzes aufgenommen werden. D.h. konkret keine Werbung in Printmedien und im Internet. Keine Werbung auf Plakaten, im öV, in Kinos. D.h. auch die Möglichkeit für die Kantone zu gewähren, weitergehende Bestimmungen einführen zu können und keine Sonderbehandlung von E-Zigis und Tabakprodukten zum Erhitzen in Restaurants.

Die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schäden aufgrund des Tabakkonsums sind enorm. Angesichts der grössten Gesundheitskrise unserer Zeit, angesichts der unerträglichen Krankenkassenprämienlast müssen wir unsere Verantwortung wahrnehmen und einen Beitrag zur Vermeidung von Gesundheitsrisiken und Todesfällen leisten. Das sind wir der ganzen Bevölkerung schuldig. Deshalb JA zur “Volksinitiative Kinder ohne Tabak”.

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